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Am 15. Juli war es endlich soweit - der Keim war besiegt und Du wurdest in die Reha-Klinik überführt. Mutti durfte Dich begleiten. Du hast vielleicht gar nicht richtig gewußt, was mit Dir passiert und es war gut, daß Mutti bei Dir war. Aber schon bei Deiner Ankunft dort bekamst Du Fieber, es war wohl doch zu viel Streß für Dich. Das Wochenende fuhr Mutti auf den Campingplatz, um endlich neue Kraft zu tanken. Sonntagabend kam sie nach Hause und die Reha-Klinik hatte auf den Anrufbeantworter gesprochen. Mutti rief dann dort an und sie sagten, Du hättest weiterhin Fieber. Am Montag rief die Klinik noch mal bei Mutti an und sie sagten, Du hättest akutes Nierenversagen und Du würdest zurück nach Bielefeld ins Krankenhaus gebracht. Unsere ganze Freude und Hoffnung waren wieder verschwunden. Mutti und Deine Söhne und die Schwiegertöchter haben Dich dann gleich besucht. Dir ging es sehr schlecht und Du hattest auch Krämpfe. Am Dienstag, 19. Juli 2005, kam ich von der Arbeit, ich war gerade zu Hause, da rief Andreas mich an und sagte, der Arzt meint, es wäre besser, wenn ich komme. Er hatte Dir nur noch maximal drei Tage zu leben gegeben. Sie konnten Dich nicht an ein Dialysegerät anschließen, weil Dein Blutdruck sehr stark gesunken war. So hat sich Dein Körper langsam selbst vergiftet.

Bina kam aus der Schule und wir haben schnellstmöglich ein paar Sachen zusammengepackt und haben uns auf den Weg nach Bielefeld gemacht. Auf der Autobahn bei Würzburg habe ich dann von Mutti den Anruf auf meinem Handy bekommen, daß Du gerade verstorben warst. Zum Glück war gerade gleich dort eine Raststätte, ich mit dem Auto dort hin und dann habe ich nur noch weinen und schreien können.

VATI, ICH WOLLTE DOCH RECHTZEITIG BEI DIR SEIN, ICH HABE ES NICHT GESCHAFFT!! WARUM HAST DU NICHT AUF MICH GEWARTET!!!!!!!!!!!

Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, den Rest der Strecke auf der Autobahn nach Bielefeld zu kommen. Mich auf den Verkehr zu konzentrieren. Kurz vor Mitternacht kam ich endlich im Krankenhaus an und alle hatten dort auf uns gewartet. Dann bin ich zu Dir, mein geliebter Vati. Der Anblick tat mir so unendlich weh. In der folgenden Nacht haben wir alle kein Auge zugemacht. Mutti hatte schon ein Beerdigungsinstitut beauftragt und die Dame vom Institut kam dann am nächsten Tag zu uns. Wir waren alle versammelt und haben zusammen mit Mutti alles ausgesucht über den Sarg, die Blumen, die Traueranzeige bis hin zum Termin der Beerdigung. Es war ein sehr bedrückender Tag gewesen. Im Nachhinein habe ich dann auch noch erfahren, daß in der Reha-Klinik Knochenmark aus Deinen Schienbeinen entnommen wurde und es wurde festgestellt, daß Du tatsächlich querschnittgelähmt gewesen wärst. Lieber Vati, Du hast 7 (!) Monate im Krankenhaus gekämpft, die schwere Operation überstanden, Dich ins Leben zurückgekämpft und am Ende doch verloren.

Einen Tag später mußte ich voller Trauer wieder die weite Strecke nach Hause fahren, um Timo und Günther abzuholen für die Beerdigung. Wir sind dann zwei Tage später wieder zurück nach Bielefeld. Dann kam der schwere Tag für uns alle, wo wir endgültig von Dir Abschied nehmen und Dich gehen lassen mußten. Zu Hause hatte ich zuvor noch einen Brief an Dich geschrieben, den wollte ich Dir noch in den Sarg legen. In dem Brief wollte ich Dir noch einmal danken für die vielen schönen Jahre meiner Kindheit und für diesen wundervollen Vati, der immer nur das Beste für alle wollte - und das Du so qualvoll sterben mußtest, daß hattest gerade Du nicht verdient. In der Kapelle warst Du im offenen Sarg aufgebahrt, in Trachtensachen, die Du so geliebt hast. Es war  schwer, Dich ein letztes Mal zu sehen. Ich habe Dir einen letzten Kuß auf die Wange gegeben und gesagt: "Mein lieber Vati, nun hast Du keine Schmerzen mehr, nun kannst Du schön schlafen." Dann habe ich mich umgedreht und bin hinausgegangen.

Ich dachte, ich habe keine Tränen mehr, ich habe doch so viel geweint, doch bei der Trauerfeier floß ein Meer aus Tränen. Nun stand der Sarg vor uns, in einem Meer von Sonnenblumen, Mutti hatte sie für Dich ausgesucht - sie bedeuten Sommer und Sonne, beides hast Du dieses Jahr ja nicht mehr erleben dürfen. Die Trauerrede wurde von dem freien Prediger sehr gut gesprochen und war Dir würdig. Dann wurde Dein Sarg herausgefahren aus der Kapelle. In dem Moment, als die Tür aufging und Du hinausgeschoben wurdest, schien die Sonne auf Deinen Sarg - diesen Anblick werde ich wohl auch nie vergessen. Der schlimmste Moment war dann, als Dein Sarg in dieses tiefe Loch hinabgelassen wurde und ich Dir ein letztes Mal einen Blumengruß hinunterwarf. Mutti tat mir so unendlich leid und ich war froh, daß Deine Jungs sie stützten. Ich mußte Bina halten - vielleicht habe ich auch Halt bei ihr gesucht.

Nach der Beerdigung hatte Mutti alle Trauergäste zum Kaffee gegenüber eingeladen. Alle Freunde, Nachbarn und Verwandten waren ja gekommen. Du hättest Deine Freude an der großen Gesellschaft gehabt. Denn so hattest Du Dich immer am wohlsten gefühlt. Einen Tag später mußten wir dann wieder nach Hause fahren, unser Alltag geht ja trotz des ganzen Schmerzes und der Trauer weiter.

Ja, nun sitze ich hier und habe dies geschrieben. Viel Schmerz und Tränen hat mich das gekostet und ich kann es mir eigentlich immer noch nicht so richtig vorstellen, daß Du nicht mehr da bist. Seitdem ich hier im Süden Deutschlands lebe, haben wir uns ja nicht mehr so oft sehen können. Aber zwischen unseren Besuchen haben wir immer miteinander telefoniert. Und Deine Stimme werde ich sehr vermissen. Lieber Vati, was mache ich bloß, wenn meine Sehnsucht nach Dir so groß wird und ich nicht mehr in Deine Arme flüchten kann? Die starke Schulter meiner Kindheit, sie ist nicht mehr da - nie mehr!! Du fehlst mir so unendlich. Doch sollte ich auch vernünftig sein und mir sagen, daß es so besser für Dich ist. Keine Schmerzen mehr und vor allem, ein Leben im Rollstuhl ist Dir erspart gelieben und Du wärst für immer ein Pflegefall gewesen. Ich glaube, damit wärst Du sowieso nicht klar gekommen. Du hättest vielleicht nie mehr in Deine Wohnung im 3. Stock, in der Du mit Mutti fast 50 Jahre gewohnt hast, kommen können, sondern in ein Pflegeheim. Nie mehr Dein geliebter Campingplatz, wo Du mit Mutti immer den ganzen Sommer verbracht hast. Sollte ich nicht einfach Gott dankbar sein, einen solchen Vater gehabt zu haben und dafür danken, daß Du jetzt nicht mehr leiden mußt? Meine Vernunft sagt Ja aber mein Herz sagt Nein, ich kann ohne meinen geliebten Vati nicht leben. Ich habe Angst vor der Zukunft, Angst vor dem Heimweh nach Dir, Angst, Deine geliebte Stimme zu vermissen. Seitdem Sascha vor fast 8 Jahren gestorben ist, weiß ich, wie weh die Trauer tun kann und das Heimweh, wie es einen zerfrißt nach dem geliebten Menschen, der jetzt nicht mehr da ist. Ich lebe eigentlich seit 8 Jahren damit, langsam hatte ich wieder zum normalen Leben zurückgefunden. Dein Verlust hat diese Wunden wieder geöffnet und nun muß ich um zwei Menschen, die ich sehr liebe, trauern und mit dem Heimweh nach diesen beiden geliebten Menschen leben müssen.

Noch ein paar Tage, dann habe ich Urlaub und fahre wie geplant zu Mutti. Wir wollten jeden 2. Tag in die Reha-Klinik fahren, nun komme ich, aber Du bist nicht mehr da. Nun werden wir jeden 2. Tag auf den Friedhof gehen.